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Aileen Puhlmann: „Ich bin hier richtig und habe etwas beizutragen!“




Aileen Puhlmann ist hauptamtliche Vorständin des Lemonaid & Charitea e.V., der sich neben der Förderung globaler Partnerschaften darum bemüht, eine machtkritische Auseinandersetzung in der Entwicklungszusammenarbeit zu unterstützen. Nebenberuflich hat Aileen „Community Kids“ gegründet - eine Eltern-Kind Initiative für Schwarze Eltern in 

Hamburg. Zudem thematisiert sie in Artikeln, Podcasts und als Speakerin die Realitäten 

Schwarzer Menschen in Deutschland, alleinerziehende Mutterschaft und soziale Ungleichheit auf vielfältige Weise. Außerdem konzeptioniert sie Workshops und moderiert Vorträge und Diskussionsrunden. Zuvor war die gebürtige Hamburgerin sieben Jahre in Südafrika, wo sie für die GIZ in der lokalen Wirtschaftsförderung tätig war. Studiert hat sie Entwicklungspolitik mit Afrikafokus in London. Neben ihrer Vorstandstätigkeit ist sie Stiftungsrätin der filia Frauenstiftung und aktiv im Beirat zur Dekolonialisierung Hamburgs, der Kulturbehörde. In ihrer Freizeit spielt sie leidenschaftlich Basketball. 



SWANS: Wie würdest du deine Kindheit beschreiben?”


Aileen: Ich bin als Kind einer alleinerziehenden Mutter in Hamburg-Mümmelmannsberg aufgewachsen. Mümmelmannsberg war in Hamburg als sozialer Brennpunkt bekannt. Als Kind war mir der Kontrast zu der reichen Stadt Hamburg durchaus bewusst. Ich hatte ein dynamisches Umfeld und bin auf eine freie Kinderschule gegangen und war bei den Pfadfinder:innen. Dadurch hatte ich auch mit Kindern aus anderen Stadtteilen zu tun. Ich hatte verankerte Freundschaften zu Hause und in meinem Umfeld. Meine Mutter sorgte dafür, dass ich andere Orte kennenlerne und meine soziale Teilhabe gewährleistet war.”


SWANS: Wer waren deine Vorbilder, die dich in deinem Leben bestärkt haben?”


Aileen: Als Kind waren ältere Kinder meine Vorbilder, zum Beispiel meine Gruppenleiterin bei den Pfadfinder:innen oder die Trainerin meiner Basketballmannschaft. Es waren weniger Menschen aus der Generation meiner Mutter, zu denen ich gerne aufschaute. Sondern Menschen, die meinem Alter näher waren.” 


SWANS: Woher kommt dein ehrenamtliches Engagement neben deinem Vollzeitjob und alleinerziehende Mutter?”


Aileen: Mein Engagement kommt hauptsächlich von meiner Neugier. Wenn ich Prozesse spannend finde, möchte ich mehr davon erfahren. In meiner Tätigkeit als Stiftungsbeirätin der filia Frauenstiftung lerne ich sehr viel und mein Engagement hilft mir dabei, mich nicht hilflos zu fühlen. Die Eltern-Kind Initiative habe ich aus meinem eigenen Bedürfnis heraus gegründet und habe dabei festgestellt, dass ich damit nicht alleine bin. Mein soziales Engagement bedeutet, dass ich in Aktion trete, nicht stillstehe und Ungerechtigkeiten aushalten muss. Sondern dass ich für mich sorgen kann, fast wie eine Therapie und Selbstfürsorge. Außerdem kann ich mir hinterher nicht vorwerfen, dass ich nur kritisiert habe. Wenn ich im Elternrat der Schule meiner Tochter sitze, möchte ich die Systeme verstehen, wenn ich sie kritisiere. Es ist nicht nur altruistisch, sondern es hat auch Strategie: Ich lerne Mechanismen dadurch besser kennen.”


SWANS: Auf welche der von dir gemeisterten Hürden bist du besonders stolz?”


Aileen: Worauf ich besonders stolz bin: Ich habe sehr viel alleine geschafft, vieles auch als Erste in der Familie. Zum Beispiel habe ich als Erste in meiner Familie das Abitur absolviert und studiert. Ich habe mich so entwickelt, dass ich früh meine eigenen Entscheidungen über meinen Werdegang getroffen habe. Meine Mutter unterstützte mich immer, so weit es ihr möglich war. Ich hatte nicht die Wahrnehmung, dass wir arm waren, aber wohlhabend waren wir auch nicht. Dennoch hatte ich das Gefühl, ich könnte überall teilhaben. Geld war kein belastender Faktor für mich als Kind, aber ich erinnere mich an die Angst meiner Mutter vor dem Briefkasten - das waren kleine Indikatoren. Selbst wenn das Geld für ein Auslandsjahr nicht da war, habe ich mich einfach für ein Stipendium beworben und es letzten Endes  auch bekommen. Das zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben: Dass ich einfach gemacht habe.”


SWANS: Viele unserer Schwäne mussten schon in ihrer Kindheit und Jugend viel Verantwortung übernehmen. Wie war das bei dir?”


Aileen: Ich habe zwar einiges allein und selbstständig im Alltag bewältigen müssen, aber Behördengänge und Formalien hatte meine Mutter übernommen. Ich musste mich auch nicht um ihr Wohl sorgen. Da war ich privilegiert und sie mir eine sehr hilfreiche Stütze.”


SWANS: Wie bist du zu deinem Beruf gekommen?”

Aileen: Ich wusste nicht von Anfang an, was ich beruflich anstreben will. Dafür waren zu wenig Akademikerinnen in meinem Umfeld. Wir haben auch gar nicht wirklich über Studiengänge gesprochen. Bei mir hat sich das von einer Stufe zur nächsten entwickelt. Ich hatte den Vorteil, dass meine Lehrkräfte mich immer gefördert haben. Das hat mich natürlich weitergebracht, weil sie mein Potential erkannt haben.”


SWANS: Welchen Ratschlag würdest du unseren ‘Schwänen’ mitgeben?”

Aileen: Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass ich zu Veranstaltungen eingeladen werde. Es wird Zeit, dass wir stolz auf uns sein können, statt an uns zu zweifeln. Daher rate ich euch dazu, einmal zu euch selbst zu sagen: I belong here! Ich habe ein Recht darauf, hier zu sein. Meine Perspektive ist wichtig. Ich kann hier etwas dazu beitragen.”


SWANS: „Vielen lieben Dank für das Gespräch!”


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