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Meltem Rohrbeck: „Ich wollte Familie und Beruf!“

Aktualisiert: 16. Apr. 2023

Meltem Rohrbeck ist seit 15 Jahren bei einem amerikanischen Großunternehmen beschäftigt. Sie hat Soziologie, BWL und Jura an der Uni Mainz studiert. Obwohl sie Personalmanagerin ist, kann sie von Zuhause aus arbeiten, um Karriere und Familie unter einen Hut zu bringen.


Im SWANS Interview erzählt sie von ihrer Entscheidung, Kinder und Karriere zu kombinieren, von ihren bisherigen Karriereschritten und den Vorteilen von Diversity beim Recruiting Prozess. Das Gespräch führte Maycaa Hannon.


Meltem Rohrbeck
Meltem Rohrbeck

SWANS: Frau Rohrbeck, vorab vielen Dank für das Gespräch. Stellen Sie sich bitte kurz vor!

Rohrbeck: Ich bin 37 Jahre alt, in Wiesbaden geboren und im Rhein-Main-Gebiet aufgewachsen. Meine Eltern sind vor circa 50 Jahren aus der Türkei als Gastarbeiter eingewandert. Zuhause waren wir fünf Kinder, wobei ich die jüngste meiner Geschwister war. Meine Mutter war trotz der fünf Kinder immer berufstätig und ist für mich da ein großes Vorbild.


Zurzeit lebe ich mit meinem Mann und meinen drei Kindern in England. Obwohl mein Arbeitgeber keinen Standort in der Nähe meines Wohnortes hat, habe ich das absolute Glück, in meiner aktuellen Position als HR Managerin von Zuhause aus arbeiten zu können. Meine Funktion fordert von mir auch eine hohe Flexibilität und Reisebereitschaft, gleichzeitig kann ich das Tagesgeschäft von Zuhause aus abwickeln. So lässt sich mein privates Familienleben gut mit meiner Karriere verbinden.

SWANS: Wie war Ihr Berufseinstieg?

Rohrbeck: Nach dem Abitur habe ich Soziologie mit den Nebenfächern BWL und Jura studiert. Im letzten Semester absolvierte ich ein Praktikum bei einem Unternehmen, in dem ich im Anschluss auch meinen Berufseinstieg hatte.


Seitdem sind 14 Jahre vergangen und es ist nach wie vor sehr spannend. Im Unternehmen herrscht das Job-Rotation Prinzip, sodass wir die Möglichkeit bekommen, alle zwei bis drei Jahre unsere Stellen innerhalb der Funktion, in meinem Fall also innerhalb verschiedener Stationen des Personalmanagements, im Unternehmen zu wechseln. So haben wir die Möglichkeit, nicht nur in der Zentrale zu arbeiten, sondern auch Einblicke in andere Unternehmensbereiche, wie zum Beispiel Forschung & Entwicklung sowie Produktion zu gewinnen. Diese Chancen habe ich genutzt und kann rückblickend sagen, dass ich durch die Vielfalt der Stellen sehr viel dazugelernt habe und mein Netzwerk im Unternehmen stetig ausbauen konnte.


In meiner Position an einem unserer Produktionsstandorte ist mir etwas aufgefallen, was heute mein Interesse an der SWANS Initiative geweckt hat: Unsere Mitarbeitende waren sehr international, aber in Deutschland aufgewachsene Menschen mit Zuwanderungsgeschichte waren unterrepräsentiert. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nicht deutscher Abstammung waren, kamen also direkt aus ihren Heimatländern. Ich habe mich gefragt, woran das liegt.


Zudem ist es gerade in den technischen Berufen eine Herausforderung, „gender-equal“ zu rekrutieren, da der Anteil an Studentinnen niedriger ist. Ich bin in einem Konsumgüterunternehmen tätig, wir sind global vertreten, viele unserer Produkte werden von Frauen genutzt, Kaufentscheidungen werden vornehmlich von Frauen getroffen. Insofern kann es nur von Vorteil sein, wenn die Belegschaft die gesellschaftliche Vielfalt repräsentiert.

SWANS: In der Debatte rund um die Frauenquote wird häufig das Argument gebracht, wir benötigen die Frauenquote weniger, als dass wir flexiblere und familienfreundlichere Arbeitsumfelder benötigen. Etwas, das Sie mit Ihrer jetzigen Stelle auch vorleben. Wie stehen Sie also zur Frauenquote?

Rohrbeck: Natürlich kann es herausfordernd sein, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, aber ich habe mich bewusst dafür entscheiden, beides zu haben. Ich bin trotz aller Hürden im Endeffekt einfach glücklich, dass ich nicht auf Eines auf Kosten des Anderen verzichten muss. Das ist meine Entscheidung und was ich sehr an meinem Arbeitgeber schätze, ist, dass diese Entscheidung nicht hinterfragt wird. Selbstverständlich muss ich am Ende des Tages meine Ergebnisse abliefern - aber solange dies der Fall ist und die geschäftlichen Ziele erreicht werden, macht es keinen Unterschied, von wo ich meine Aufgaben erledige, ob ich eventuell die Kinder zwischendurch abgeholt und weitergearbeitet habe, nachdem ich sie ins Bett gebracht habe.


Grundsätzlich bin ich kein Fan davon, jemanden einzustellen oder zu fördern allein aufgrund des Geschlechtes. Die Qualität der gelieferten Arbeit sollte entscheidend sein, da darf man auch im Interesse beider Seiten keine Kompromisse eingehen.

Andererseits sind Frauen rein statistisch nicht in allen Lebensbereichen gleichgestellt - da muss das Umdenken noch stattfinden. Und, da kann eine Quote hilfreich sein, um den ersten Schritt zu machen.


Gleichzeitig sollte man auch dieses Thema ganzheitlich betrachten. Warum gibt es immer noch einen hohen Anteil an Frauen, die nach der Elternzeit nicht oder nur in einem sehr geringen Umfang zur Arbeit zurückkehren? Warum werden viele Familien gesellschaftlich stigmatisiert, wenn sie nicht dem klassischen Rollenmodel folgen? Warum muss man Babys noch während der Schwangerschaft in einer Betreuung anmelden und geht dennoch leer aus?


Jede Frau (und jede Familie) sollte die Freiheit haben, für sich selbst eine Entscheidung zu treffen – für mich ist mein persönliches Lebensmodell das Richtige, bei anderen kann das ganz anders aussehen und das ist auch gut so. Aber unabhängig von der jeweiligen Entscheidung sollten die Rahmenbedingungen für alle gleich gut sein.

SWANS: Welchen Tipp geben Sie Berufseinsteigerinnen?

Mir liegen zwei Dinge am Herzen:


1) Ich finde es persönlich in allen Lebensbereichen unglaublich wichtig, sowohl im Privaten als auch im Beruflichen, zu wissen was man will und dann auch das gezielt umzusetzen. Es wird immer Leute geben, die das dann gut oder schlecht finden - aber solange man selber hinter den eigenen Zielen steht, erfährt man eine größere Akzeptanz. Vielleicht hat mir dabei auch die Tatsache geholfen, nicht aus einem Akademikerhaushalt zu kommen. Sehr früh musste ich Entscheidungen treffen, bei denen mir beispielsweise meine Eltern keinen Input geben konnten. Sie haben mir jedoch immer das Gefühl gegeben, dass sie mir vertrauen und mich in allem unterstützen würden. Das hat mir sehr viel Mut gemacht.


​2) Man sollte offen für Veränderungen sein und sich nicht in Rollen reinpressen lassen. In meinem bisherigen Leben habe ich schon häufiger Entscheidungen getroffen und Veränderungen initiiert, die für andere im ersten Moment nicht nachvollziehbar waren. Rückblickend kann ich sagen, dass Veränderungen natürlich manchmal Risiken mit sich bringen, aber aus meiner Sicht hauptsächlich Chancen.

SWANS: Danke für das Gespräch!


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